Wie überquere ich den Atlantik? Alleine, oder gemeinsam mit anderen Booten? Darüber musste ich nie lange nachdenken.
Meine Erfahrung
Wir, Jan und ich, waren uns von Anfang an einig. Wir werden uns anmelden. Jan sagt, wenn man etwas erreichen wolle, brauche man einen Termin. So müssen wir Anfang November in Las Palmas sein. Außerdem gibt ein Schwabe nicht so schnell auf, wenn er schon bezahlt hat. Für mich war wichtig, dass die ARC einen Sicherheitscheck fürs Boot und auch zahlreiche Seminare anbietet. Für die Teilnehmer werden Ausflüge, Partys und Sundowner organisiert. Kinder ab sechs Jahren können den Kids Club besuchen. Natürlich hat alles seinen Preis. Die Anmeldung kostet um die 2000,- Euro. Viel mehr gibt man für die vorgeschriebene Ausrüstung aus. Man würde sie sowieso kaufen, aber vielleicht würde man sich für eine billigere Variante, oder eine andere Marke entscheiden.
Wir entschieden uns für ARC+, um die direkte Strecke (mit unserem Boot circa 25 Tage) in 6 Tage nach Mindelo und circa 18 Tage nach St. Vincent aufzuteilen.
Unterwegs fanden wir es toll, in jedem Hafen nach den ARC Flaggen Ausschau zu halten. Dadurch kam man ins Gespräch und segelte weiter zusammen. Dank der Liste mit Familienbooten konnte man verfolgen, wo sich die einzelnen Familien befinden.
Die absolut tollste Zeit erwartete uns in Las Palmas. Wie so viele kamen wir einen Monat vor dem Start der ARC an. Für die Familienboote wurde ein "Familiensteg" reserviert. Ich sage immer, es fühlte sich an, wie früher in einem Hochhaus, oder in einem kleinen Dorf. Hinter jeder Tür gab es Kinder. Kaum wachte man auf, schon hörte man irgendein Kind schreien: "Sie sind zu Hause. Die Schuhe sind da. Jungs!!! Sami, Luki! Wollt ihr zum Spielen kommen?" Absolut genial fand ich, dass unsere Jungs plötzlich so viele Freunde in ihrem Alter gefunden hatten. Sie rannten zusammen auf dem Steg rum, spielten mal auf einem Boot, mal auf dem anderen. Man ging zusammen zu einem Spielplatz, oder zum Strand. Am Abend grillte man, machte Musik und tanzte. Nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern genossen es. Endlich fand man Seelenverwandte, Leute, die auch gerne segeln, die mit den Kindern segeln, die einen verstehen, ähnliche Freuden und Sorgen teilen.
Viele Familien luden nach Las Palmas die Großeltern ein. Wir auch. Dadurch könnten wir beide gleichzeitig an den Seminaren teilnehmen und sogar, nach vielen Jahren mit kleinen Kindern, zu einem Abendessen mit anderen ARC Teilnehmern gehen. (Vielen Dank Oma.)
Na ja. Bei der ARC sei man nicht so flexibel. Man müsse mit den Anderen zum festgelegten Termin starten, sagen die Kritiker.
Die Wettervorhersage beim Start war wirklich nicht toll. Ein paar Tage davor sagte jemand auf der Bühne. "Wir werden schnell in Mindelo sein." Jeder Segler wusste, was das bedeutet. Viel Wind. Wind um die 30 Knoten, Wellenhöhe 3-4 Meter. Selbstverständlich stimmt es nicht, dass man an dem festgelegten Starttag hat lossegeln müssen. Jeder Skipper trägt die Verantwortung für die Crew. Jede Crew muss ihre Entscheidung treffen. Wir wussten, wenn wir mitmachen, wird es nicht gefährlich sein, aber auch nicht angenehm. Es war nicht gefährlich und die ersten zwei Tage waren nicht sehr angenehm, aber wir haben es geschafft und waren sehr stolz auf uns.
Es ist ein wunderbares Gefühl irgendwo angekommen zu sein, wo man von Bekannten und Freunden willkommen geheißen wird. So war es in Mindelo und die Jungs schwärmen immer noch davon, wie sich in der Nacht unserer Ankunft alle Familien am Steg versammelt und gerufen haben: "Sami, Luki, Sami, Luki, Sami, Luki."
Selbstverständlich verlief die nächtliche Einfahrt in einen fremden Hafen durch das ARC Team unkompliziert und angenehm, da man per Funk genau navigiert wurde. (Genauso auf Kap Verde, wie auch in der Karibik.)
Man wird oft gefragt, ob alle Boote den Atlantik zusammen überqueren. Jemand sagte: "Zehn Minuten nach dem Start sieht man keinen." Ich würde sagen, ein paar Stunden nach dem Start verschwinden alle hinter dem Horizont. Jeder ist auf seinem Boot allein, aber es ist schön zu wissen, dass man irgendwo in der blauen Wüste Freunde hat.
Diese Freunde traf man auf der anderen Seite der Welt wieder. Man ging zusammen zum Strand, feierte Silvester, man unterstützte sich und genoss die Gesellschaft von Freunden, die man sonst in der Konstellation nicht kennengelernt hätte.
Nachdem wir von der Corona aus dem karibischen Paradies vertrieben wurden, haben wir uns alle wieder in Europa getroffen. Wir bleiben in Kontakt in der Hoffnung, dass wir nicht das letzte Mal fremde Spielplätze, Häfen, Meere und Ozeane unsicher gemacht haben.